"I like to feel the Warm in the Sadness!"
Liebes Blog,
Weiter geht's mit Kapitel 3.
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Rocci ist tot
Während des Händeschüttelns hatte ich mehr Zeit das Gesamtkunstwerk Traxi zu betrachtet. Sie trug dunkkelblaue verwaschene Jeans und schwarze Skaterschuhe, dazu ein tief ausgeschnittenes grünes Shirt ohne Aufschrift. Von der Statur her war sie schlank und äußerst Apfel-lastig proportioniert, sprich süßer Apfelpo und süße Apfelbrüste. Ihre braunen Kulleraugen hatten diesen ganz bestimmten Blick drauf, der uns Männern sagt: „Ich bin ne absolute Granate im Bett, doch das wirst Du niemals herausfinden."
Ich bekam leider nicht mal den Hauch einer Chance meine aufkeimenden sexuellen Phantasien auch nur einen Schritt weiter zu verfolgen, denn kurz nachdem sie beschlossen hatte, mich Roc zu nennen, kramte sie ihr Handy aus der Tasche und bemerkte erschrocken: „Huch, schon kurz vor 6, ich muss los. War nett Dich kennenzulernen, Roc. Man sieht sich vielleicht."
Bevor ich fragen konnte, was den um 6 Uhr sei (oder – noch intelligenter – wie denn ihre Handynummer lautete), verschwand sie auch schon im allgemeinen Passantenstrom. Mein hinterher gerufenes „Das hoffe ich! Ciao und nochmal vielen Dank!" verhallte ungehört in einer Suppe aus unterschiedlich akzentuiertem Fußgängersmalltalkgeplapper. Das fand ich jetzt irgendwie unfair. Sie hatte sich doch extra einen Spitznamen für mich überlegt und dann ließ sie mich einfach stehen. Das wäre doch, als würde man ins Tierheimgehen, sich ein süßes Hündchen aussuchen und danach zum Wärter sagen: „Ooh, ist der niedlich. Ich werde ihn Wuffl nennen. Lassen sie ihn uns erschießen!"
Überhaupt ... Roc. Komischerweise war noch niemals jemand auf die Idee gekommen mich Roc zu nennen. Von Broccoli über Roccford bis hin zu Roccomat hatte ich eigentlich schon alles gehört. Roc. Ich ließ den Namen noch ein paar Mal über meine Lippen gleiten, betonte ihn immer wieder anders. Ein neuer Anfang braucht auch einen neuen Namen und Roc war der heißeste Anwärter auf diesen. Roc, das klang stark, männlich und voll gepumpt mit allerlei testosteronhaltigem Zeugs – eben das genaue Gegenteil meiner bisherigen Persönlichkeit. Rocci, das stand für Versagen und Inkompetenz, für Schmerz und Pech, für Hopp statt Top, das wusste ich spätestens seit der Vorwoche.
Da ich schon ahnen konnte, dass mir eine Diskussion mit Messerjocke nichts bringen würde außer einem riesigen „Wut-Runterschluck-Magengeschwür“ am nächsten Morgen oder einer Anzeige wegen Zweckentfremdung eines Eiscafétisches, legte ich brav das Geld für Speis und Trank auf den Tisch (selbstverständlich ohne Trinkgeld) und verließ den Piraten.
Wieder stand ich da, ganz alleine. Ich hatte meinen müden Körper inzwischen auf eine Bank nahe der Alster geschleppt und schaute entschlossen aufs kühle Nass. Noch bevor ich mir eine Bleibe für die Nacht suchen würde – das wusste ich – musste der alte Rocci hier und auf der Stelle begraben werden. Die Welt brauchte keinen Rocci, der nichtmal dazu fähig war ein Studium zu beenden oder seine Beziehung nicht daran zu hindern beendet zu werden. Die Welt braucht niemanden, der nicht kämpfen kann, denn leben heißt kämpfen. Immer. Das hatte ich inzwischen begriffen. Heute Nacht musste Rocci sterben, soviel war klar. Ich hielt noch für einen kurzen Moment inne, um mir ein kleines unwürdiges Begräbnis für mich auszudenken und machte mit dann auf den Weg Richtung U-Bahnstation. Rocci ist tot, lang lebe Roc
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Rocci ist tot
Während des Händeschüttelns hatte ich mehr Zeit das Gesamtkunstwerk Traxi zu betrachtet. Sie trug dunkkelblaue verwaschene Jeans und schwarze Skaterschuhe, dazu ein tief ausgeschnittenes grünes Shirt ohne Aufschrift. Von der Statur her war sie schlank und äußerst Apfel-lastig proportioniert, sprich süßer Apfelpo und süße Apfelbrüste. Ihre braunen Kulleraugen hatten diesen ganz bestimmten Blick drauf, der uns Männern sagt: „Ich bin ne absolute Granate im Bett, doch das wirst Du niemals herausfinden."
Ich bekam leider nicht mal den Hauch einer Chance meine aufkeimenden sexuellen Phantasien auch nur einen Schritt weiter zu verfolgen, denn kurz nachdem sie beschlossen hatte, mich Roc zu nennen, kramte sie ihr Handy aus der Tasche und bemerkte erschrocken: „Huch, schon kurz vor 6, ich muss los. War nett Dich kennenzulernen, Roc. Man sieht sich vielleicht."
Bevor ich fragen konnte, was den um 6 Uhr sei (oder – noch intelligenter – wie denn ihre Handynummer lautete), verschwand sie auch schon im allgemeinen Passantenstrom. Mein hinterher gerufenes „Das hoffe ich! Ciao und nochmal vielen Dank!" verhallte ungehört in einer Suppe aus unterschiedlich akzentuiertem Fußgängersmalltalkgeplapper. Das fand ich jetzt irgendwie unfair. Sie hatte sich doch extra einen Spitznamen für mich überlegt und dann ließ sie mich einfach stehen. Das wäre doch, als würde man ins Tierheimgehen, sich ein süßes Hündchen aussuchen und danach zum Wärter sagen: „Ooh, ist der niedlich. Ich werde ihn Wuffl nennen. Lassen sie ihn uns erschießen!"
Überhaupt ... Roc. Komischerweise war noch niemals jemand auf die Idee gekommen mich Roc zu nennen. Von Broccoli über Roccford bis hin zu Roccomat hatte ich eigentlich schon alles gehört. Roc. Ich ließ den Namen noch ein paar Mal über meine Lippen gleiten, betonte ihn immer wieder anders. Ein neuer Anfang braucht auch einen neuen Namen und Roc war der heißeste Anwärter auf diesen. Roc, das klang stark, männlich und voll gepumpt mit allerlei testosteronhaltigem Zeugs – eben das genaue Gegenteil meiner bisherigen Persönlichkeit. Rocci, das stand für Versagen und Inkompetenz, für Schmerz und Pech, für Hopp statt Top, das wusste ich spätestens seit der Vorwoche.
Da ich schon ahnen konnte, dass mir eine Diskussion mit Messerjocke nichts bringen würde außer einem riesigen „Wut-Runterschluck-Magengeschwür“ am nächsten Morgen oder einer Anzeige wegen Zweckentfremdung eines Eiscafétisches, legte ich brav das Geld für Speis und Trank auf den Tisch (selbstverständlich ohne Trinkgeld) und verließ den Piraten.
Wieder stand ich da, ganz alleine. Ich hatte meinen müden Körper inzwischen auf eine Bank nahe der Alster geschleppt und schaute entschlossen aufs kühle Nass. Noch bevor ich mir eine Bleibe für die Nacht suchen würde – das wusste ich – musste der alte Rocci hier und auf der Stelle begraben werden. Die Welt brauchte keinen Rocci, der nichtmal dazu fähig war ein Studium zu beenden oder seine Beziehung nicht daran zu hindern beendet zu werden. Die Welt braucht niemanden, der nicht kämpfen kann, denn leben heißt kämpfen. Immer. Das hatte ich inzwischen begriffen. Heute Nacht musste Rocci sterben, soviel war klar. Ich hielt noch für einen kurzen Moment inne, um mir ein kleines unwürdiges Begräbnis für mich auszudenken und machte mit dann auf den Weg Richtung U-Bahnstation. Rocci ist tot, lang lebe Roc
Nuklohl - Do, 4. Sep, 11:16