14
Sep
2008

"Lost on your merry Way ..."

Liebes Blog,

So, da wär auch schon Teil 5.

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Perlen vor die Säue

Ich hatte gefühlt vielleicht 20 Minuten im Tiefschlaf verbracht, da wurde ich auch schon von meinem Handywecker aus dem viel zu kleinen Bett geworfen. Trotzdem, jedes noch so kleine Bett zum drin liegen schien mir besser als jeder noch so weite Bodenbelag zum drauf stehen. Bei der Gelegenheit fragte ich mich, was mich denn nur dabei geritten habe so einen fürchterlichen Weckrufton einzustellen. Es dauerte eine ganze Weile bis ich bemerkte, dass ich nicht von meinem Handy, sondern vom Hoteleigenen Baustellenweckdienst geweckt wurde, der gerade fleißig dabei war irgendetwas mit einem sehr großen und lauten Presslufthammer zu zertrümmern und dabei wohl um den höchst möglichen Aufmerksamkeitsgrad der Hotelgäste bemüht war. Die Zeit auf meinem Handy deckte sich zwar nicht ganz mit meiner inneren Uhr, aber 5 Uhr Morgens war es trotzdem.

An Schlaf war definitiv nicht mehr zu denken. Als ich mich aus meinem Bettdeckengewirr geschält hatte, machte ich mich auf in Richtung U-Bahnstation. Obwohl mein Magen immer noch mit einer kurzfristig angesetzten Revolution drohte, falls ich ihm nicht so langsam was zu essen geben würde, akzeptierte er meinen Entschluss auf das noch zwei Stunden entfernte Frühstück im Hotel Mond zu pfeifen, in der Hoffnung, dass wir auf dem Weg vielleicht einem Bäcker über den Weg laufen.
Das Schicksal kommandierte gar eine ganze Bäckerei für meinen knurrenden Freund ab und aus Mangel an regionalen Teigkulturkenntnissen bestellte ich bei der netten Dame an der Theke eine Brezel. Großer Fehler, wie sich bald herausstellte. Ich habe mich schon damals als ich in München nach einer Brezel verlangt habe gefragt, warum es eigentlich nur die Schwaben fertig bringen diese Leckerei vernünftig hinzubekommen. Damals hielt ich einen viel zu weichen Salzklumpen in der Hand, der mehr an das Unendlichkeitszeichen erinnerte als an eine Brezel.

Als ich jedoch die Hamburger Brezel in der Hand hielt, lief mir bei dem Gedanken an die Münchner Brezel das Wasser in Sturzbächen im Mund zusammen. Brezel scheint in Hamburg das Synonym für "knorriges, steinhartes Astgestrüpp" zu sein. Aufgrund meiner körperlichen Verfassung zwang ich das Backwerk trotzdem runter, wobei ich mir allerdings nicht ganz sicher war, ob es wirklich bis zum Magen gelangen konnte, denn mein Speichel war offensichtlich machtlos war, gegen die Staubansammlung die nach dem Kauen in meiner Speiseröhre kratzte.

Hamburg schien also auch im Bezug auf meine jährlich sorgfältig geplanten und noch sorgfältiger wieder verworfenen Diätpläne genau die richtige Stadt für mich zu sein. "Vielleicht sollte ich es heute Abend doch lieber mit einem Big Mäc versuchen", schwirrte mir durch den Kopf als ich in die S-Bahn Richtung Innenstadt einstieg.

Kaum hatte ich wieder die pissigen U-Bahn-Gefilde verlassen, zeigte sich Hamburg einmal mehr von seiner schönsten Seite. Mit einer bis dato ungeahnten Leichtigkeit bahnte ich mir meinen Weg durch die Innenstadt, vorbei an den großen Kaufhäusern und vielen Imbissbuden. Ein konkretes Ziel hatte ich nicht, es gab schließlich viele Möglichkeiten eine Wohnung zu finden. An einem kleinen Kiosk, der neben dem schätzungsweise 98sten Starbucks stand, den ich auf der Strecke vom Hauptbahnhof bis zu eben jenem Kiosk gesehen hatte, kaufte ich mir die aktuelle Ausgabe der Hamburger Morgenpost und drei Standard-Postkarten, für den Fall, dass ich doch noch das Bedürfnis bekam jemandem meinen momentanen Aufenthaltsort zu verraten. In der Luft wirbelten die verschiedensten Düfte gekonnt umher und vermischten sich zu einem wohligen Aroma aus Kaffee, Sonnencreme und etwas, dass schon eine ganze Weile auf einem Grillspieß zugebracht haben muss. Ich setzte mich auf eine Bank und begann die Zeitung durchzublättern. Die Masse an Stellen- und Wohnungsangeboten, die mich darauf hin unter sich begrub macht mir wieder größere Hoffnung, dass mein Projekt Hamburg nicht zu scheitern verurteilt war. Tief in meinem Inneren wusste ich natürlich, dass 90% dieser Anzeigen entweder menschenunwürdige Nebenbedingungen beinhalteten oder ich den Nebenbedinungen nicht würdig genug war, jedoch tat das dem Strohhalm an den ich mich nun klammerte, im wahrsten Sinne des Wortes keinen Abbruch.

Nach ein paar Telefonaten, war ich schon in der glücklichen Lage meinen imaginären Terminkalender mit drei Wohnungsbesichtigungen am Nachmittag und einem Vorstellungsgesprächen am nächsten Morgen zu bespicken. Das ging definitiv fixer als ich vermutet hatte. Da ich bis zu meiner ersten Besichtigung um 14 Uhr noch fünf Stunden Leerlauf hatte, wollte ich den Tag mit einer Prise Sightseeing würzen. Doch Sightseeing ohne jemand, der einem die Sights zeig, die man seeen sollte ist das gar nicht so einfach. So wurde aus meiner geplanten Tour eher ein Irrlauf, während dem ich es immer wieder fertig brachte innerhalb von Sekundenbruchteilen zwischen traumhafter Villenallee und tiefstem Drogenghetto hin und her zu wandeln. Wenigstens hatte ich die Möglichkeit dem Weg durch ein weniger bedenkliches Viertel ein Matjes-Brötchen zu erstehen, welches meinem Gaumen nach den Fehlschlägen meiner Anfänge hier wie das größte Festmahl in unserem Sonnensystem vorkam. Immerhin hatte ich jetzt meine Fischpflicht gegenüber der Hansestadt erfüllt. Bei meinen ersten Gesprächen, die ich hier und da mit dem ein oder anderen Hamburger Urgestein führte, fiel mir auch gleich die flapsige Hamburger Art extrem positiv auf. Die sind hier nicht so krampfhaft um offizielles Auftreten bemüht wie die Pseudogeschäftsleute aus dem Ländle. Überhaupt, das grausligste überhaupt sind Schwaben, die versuchen hochdeutsch zu reden. "Mir habehn behschlossehn damit dahs so ischt." Das wäre echt die perfekte Horrorfigur für jeden Thriller, so ein Geschäftsschwabe. Da könnten Freddie, Samara und sämtliche vom Teufel besessenen Kannibalenvergewaltiger einpacken. Ein weiterer Grund die Hansestadt der Heimat vorzuziehen. Ich lass mich lieber von ner Hamburger Spaßnase verarschen als von einem Kartoffelbauern im Anzug mit Konversationsgülle vollkotzen.
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